Hallo,
ich bin Vertreterin der Alboffensive, einer Gruppe, die sich seit 2007 gegen rechte Umtriebe im Zollernalbkreis engagiert.
Die Gründungs-Generation der Alboffensive hatte es vor allem mit der NPD und Kameradschafts-Nazis zu tun. Ab 2013 ging es dann immer mehr um die AfD und das ist ja bis heute so. Ab 2020 kamen die Corona-Proteste hinzu, die gleich am Anfang stark nach rechts abgebogen sind. Ab 2023 gab es in Albstadt rassistische Proteste gegen eine Geflüchteten-Unterkunft. Seitdem gibt es auch wieder eine partei-unabhängige kleine Nazi-Gruppe im Zollernalbkreis. Aber dazu später mehr.
Heute, am 26. April 2025, ist in Balingen eine extrem rechte Demonstration unter dem Motto „Gemeinsam für Deutschland“ angekündigt.
Am 22. März 2025 gab es erstmals bundesweit unter dem Label „Gemeinsam für Deutschland“, kurz GfD, 15 Demonstrationen in 14 Bundesländern. Diese wurden an vielen Orten auch als Aufmarsch-Gebiet für klassische Neonazis genutzt.
Das war zum Beispiel in Stuttgart deutlich sichtbar. Hier waren etwa 200 der 1.500 Demonstrierenden als klassische Neonazis erkennbar, die meisten anderen Teilnehmenden waren eher dem Spektrum der Corona-Proteste bzw. Verschwörungsgläubigen zuzuordnen. Auch wenn sich viele davon selber zumeist nicht als extrem rechts einordnen, so sind ihre Positionen es doch oft trotzdem. Hinter dem häufig bemühten „gesunden Menschenverstand“ und der angerufenen „Normalität“ verstecken sich Versuche die eigenen Positionen zu entpolitisieren und zu naturalisieren. Man vertritt reaktionäre bis extrem rechte Inhalte ohne sich selber einem rechten Polit-Spektrum zuzuordnen. Dabei vertreten sie einen starken Nationalismus, Rassismus gegen Geflüchtete, das Feindbild Links und rechte Verschwörungstheorien genauso wie die Anhängerschaft für extrem rechte Parteien wie die AfD oder autoritäre Politiker wie Donald Trump.
Kritik an der neonazistischen Beteiligung an den GfD-Demos am 22. März 2025 wurde mit Leugnung, Kleinreden oder der grundsätzlichen Abwehr von Kritik begegnet.
Allerdings gab es unter dem Druck einer kritischen Medien-Berichterstattung inzwischen auch erste Distanzierungen. In Balingen sollen beispielsweise Mitglieder der Neonazi-Gruppe „Der Störtrupp“ von der rechten Demo ausgeschlossen werden.
Doch das Problem sind eben nicht allein einzelne Neonazi-Gruppen sondern die „Gemeinsam für Deutschland“-Demos insgesamt.
Das Programm der Demos ist eher dünn. Man fordert bundesweit „die Einführung flächendeckender Grenzkontrollen“, den „Schutz der Bevölkerung“, den „Verzicht auf Taurus-Lieferungen“, den „Stopp weiterer milliardenschwerer Hilfszahlungen an die Ukraine“, „die Wahrung der Meinungsfreiheit sowie die Überwindung gesellschaftlicher Spaltungen“. Die Forderungs-Palette scheint beliebig gehalten, um einen möglichst breiten Rahmen an Unzufriedenen und Wutbürger*innen abzuschöpfen. Die Forderung nach der „Einführung flächendeckender Grenzkontrollen“ offenbart aber zumindest eine migrationsfeindliche Position. Konkret geht es offenbar um die Zurückweisung von Geflüchteten an den Grenzen.
Rechte Inhalte zeigen sich aber auch bei einzelnen Personen, zum Beispiel auch in der Orga-Crew der Balinger Demo.
In die Organisation der Demonstration in Balingen ist Julian B. involviert. Dieser hat bereits am 23. März 2025 in Albstadt eine Kundgebung organisiert. B. selbst hielt dort zeitweise ein Plakat mit einem Zitat des US-Vizepräsidenten Vance hoch, in dem dieser sich gegen die Brandmauern aussprach. Das Plakat ist ein ausgedrucktes sharepic des AfD-nahen Newsportal „Deutschlandkurier“. Dazu passt, dass er den AfD-Landtagsabgeordneten Hans-Peter Hörner als Redner auf seine Kundgebung eingeladen hat.
Heute steht nun in Balingen ein ähnliches Spektakel bevor wie in Stuttgart im März. Da es diesmal aber in Baden-Württemberg noch zwei Konkurrenz-Demonstrationen in Reutlingen und Karlsruhe gibt, ist das zu erwartende Ausmaß an Größe und Neonazi-Beteiligung unklar.
Allerdings mobilisieren bereits verschiedene neofaschistische und neonazistische Gruppen auch nach Balingen.
Wir möchten kurz zwei Gruppen vorstellen, die explizit nach Balingen mobilisieren.
Die „Pforzheim Revolte“
Die eine Gruppe nennt sich „Pforzheim Revolte“ und ist seit Ende 2021 aktiv. Sie entstand als ein Ableger der neofaschistischen „Identitären Bewegung“, orientierte sich aber ab Herbst 2023 zu den Neonazi-Kleinstparteien „Die Heimat“ und „Der III. Weg“. So kooperierte sie etwa im Oktober 2023 für eine Aktion mit der „Nationalrevolutionären Jugend“, der Jugendorganisation von „Der III. Weg“. Die Gruppe ist relativ reisefreudig. So legen Bilder u.a. nahe dass sie sich am 10. August 2024 auch an der queerfeindlichen Demonstration gegen den CSD in Bautzen beteiligt hat.
Die „Zollern-Jugend Aktiv“
Bei der „Zollern-Jugend Aktiv“ handelt es sich um eine Jungnazi-Gruppe im Zollernalbkreis, die im Oktober 2023 gegründet wurde. Damals demonstrierten in Albstadt bis zu 1.000 Personen auf rassistischen Demonstrationen gegen eine Unterbringung von Geflüchteten in einer Turnhalle.
Im Windschatten dieser rassistischen Proteste bildete sich offenbar die Gruppe „Zollern-Jugend Aktiv“.
Aktuell umfasst die Gruppe knapp zehn Mitglieder.
Am 6. September 2024 mobilisierte die ZJA zu einer neonazistischen Demonstration gegen den CSD in Albstadt, an der sich mindestens 118 Personen beteiligten.
Ansonsten verbreiten sie Aufkleber mit der Parole „Remigration“ oder posieren mit einem Banner mit der Aufschrift „Weiß / Normal / Hetero“. Hinzu kommt das Zeigen des White Power“-Handsymbols.
Seit Mitte 2024 hat sich die ZJA der neonazistischen Kleinstpartei „Die Heimat“ angenähert, die bis Juni 2023 NPD hieß. Mehrfach gab es direkte Kooperationen.
Ein ausführliches Porträt der Gruppe findet ihr auf unserem Blog
https://alboffensive.noblogs.org/
Ansonsten sind wir übrigens auch auf Instagram vertreten.
Bitte abonniert uns dort.
Wir möchten noch einmal betonen, dass es kein Zufall ist, wenn Neonazis an nationalistischen Demonstrationen teilnehmen. Sie teilen ja den nationalistischen Bezug auf Deutschland.
Gegen die nationalistische Parole „Gemeinsam für Deutschland“ setzen wir daher den Slogan „Gemeinsam gegen Nationalismus“!
Danke fürs Zuhören und passt gut au euch auf!