Gefährlicher „Heiler“ – über den geplanten Vortrag von Lothar Hirneise in Hechingen

Am 17. September 2020 sollte einer der ganz „Großen“ der alternativmedizinischen Szene, Lothar Hirneise, in der Stadthalle Museum Hechingen einen Vortrag zu seinem Buch „Chemotherapie heilt Krebs und die Erde ist eine Scheibe: Die 10 größten Mythen der Onkologie“ halten.

Inzwischen wurde der Vortrag auf das Frühjahr 2021 verschoben.

Medizintheorie ist eigentlich nicht das Thema der Alboffensive und trotzdem ist es uns in diesem Fall wichtig, weil hier offensichtlich mit dem Leid von Menschen Kasse gemacht werden soll.

Der Referent Lothar Hirneise ist ehemaliger Krankenpfleger, Mitbegründer des „3E-Gesundheitszentrums“ bei Stuttgart 3E steht dabei für eine ganzheitliche Krebstherapie: „Ernährung, Entgiftung, Energiearbeit“.

Er ist Autor diverser Bücher. Das besagte Buch wird unter anderem auch über den Rottenburger Kopp-Verlag vertrieben der sich auf Verschwörungstheorien, rechtspopulistische und rechtsextreme Titel spezialisiert hat.

Krebspatient*innen sind Menschen die sich aufgrund ihrer Erkrankung in einer Ausnahmesituation befinden. Diese Menschen würden zu jedem Mittel greifen, dass ihnen Hilfe verspricht.

Chemotherapien, Operationen und andere Methoden um Krebs zu therapieren bringen immer Nebenwirkungen mit sich. Da hört es sich traumhaft an, wenn Hirneise nach langem Vortrag über die Machenschaften innerhalb der Medizin und Pharmaindustrie, der Geschichte der Onkologie und einem Berg erwähnter Studien sein 3E-Programm vorlegt!

Eine ausgewogene Ernährung, guter Stoffwechsel und ein gefestigtes Selbst sind sicherlich wichtige Aspekte in der Krebstherapie die euch auch keine Ärztin und kein Arzt vorenthalten wird, aber sicher auch nicht die einzige Chance die euch bleibt.

Nicht ohne Grund muss man bei der Aufnahme in solchen Zentren oder „Kliniken“ unterschreiben, dass keine Behandlung durchgeführt wird sondern ausschließlich eine ganzheitliche Beratung.

Es geht nicht darum, alternative Ansätze als ergänzende Therapie abzulehnen oder die Schulmedizin und Pharmaindustrie in Schutz zu nehmen.

Es geht uns darum, dass Menschen in Extremsituationen Möglichkeiten vorgelegt werden, die durch die Blume formuliert Erfolg versprechen und den Menschen vielleicht die Zeit nehmen, die sie gebraucht hätten um ihre Erkrankung tatsächlich zu besiegen.

Zum Titel des Vortrags und des Buches: „Chemotherapie heilt Krebs und die Erde ist eine Scheibe: Die 10 größten Mythen der Onkologie“.

Das eine Chemotherapie nicht gleich die Heilung von Krebs bedeutet wird hoffentlich kein Arzt bestreiten. Vielmehr gibt es verschiedene Ansätze.

Dazu gehören der kurative Ansatz, der die Heilung als Ziel hat und der palliative Ansatz, der den Verlauf bremsen und die Leiden des Patienten mildern soll.

Zum kurativen Ansatz gehören z.B. die neoadjuvante und adjuvante Chemotherapie.

Bei der neoadjuvanten ist der Tumor zunächst zu groß oder infiltriert kritische Bereiche. Durch die Gabe der Chemomedikamente erhofft man sich eine Verkleinerung des Tumors, so dass man ihn operativ vollständig entfernen kann: eine sogenannte R0-Resektion.

Kann diese nicht erreicht werden, die Chirurgin oder der Chirurg sieht aber makroskopisch kein Tumorgewebe mehr, der Pathologe findet aber in Gewebeproben noch vereinzelte Tumorzellen spricht man von einer R1 und eine adjuvante Chemotherapie nach der Operation soll verhindern, dass sich aus diesen vereinzelten Tumorzellen ein Rezidiv-Tumor bildet.

Kann der Tumor chirurgisch nicht vollständig entfernt werden weil z.B. lebenswichtige Strukturen infiltriert sind spricht man von einer R2-Resektion. Hier kann eine additive Chemotherapie indiziert sein, um eine Ausbreitung (Metastasierung) zu verlangsamen oder sogar eine Verkleinerung (Tumorregression) zu erreichen.

Nur wenige Krebsarten lassen sich tatsächlich durch reine Chemotherapie heilen z.B. bei speziellen Arten der Leukämie.

Genauso gibt es vereinzelte Fälle von Spontanheilung von Krebs. Diese sind aber sehr selten und es konnte bisher nicht geklärt werden wie es dazu kommt. Es wird aber daran geforscht.

Zu guter Letzt also: Wir bitten alle am Thema Krebs Interessierten sich nicht von reißerischen Titeln hinreisen zu lassen. Glauben sie nicht jedem, auch wenn er mit wissenschaftlichen Fakten und Studien in Massen um sich wirft.

Wir sagen Lothar Hirneise ist ein Wunderdoktor, der mit dem Leid der Menschen Kasse macht.

Lothar Hirneise ist auch im Umfeld der Bewegung der Pandemie-Leugner*innen aktiv. Neben Auftritten auf den entsprechenden Demonstrationen, nahm Hirneise auch an Vernetzungstreffen der Pandemie-Leugner*innen teil, was seine wichtige Funktion in dieser Szene beweist.

Allein das sollte ihn als Redner in der Hechinger Stadthalle disqualifizieren.

Wir fordern deswegen die Stadt Hechingen dazu auf, solche Veranstaltungen künftig nicht in ihren Räumlichkeiten zu dulden!

AlbOffensive – Kein brauner Alb(t)raum

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