Einerseits wird der Widerstand gegen das NS-Regime und seine Opfer heutzutage mehr gewürdigt als in lange Nachkriegsjahrzehnte in Westdeutschland, andererseits ist lokal vieles noch unbekannt. Umso erfreulicher war dass es zum Antikriegstag am 1. September 2022 in Albstadt eine Veranstaltung in Ebingen gab, bei der die Gegner*innen des Nationalsozialismus aus den beiden Albstädter Teilorten Ebingen und Tailfingen gewürdigt wurden.
Die nachfolgenden Informationen entstammen vor allem dem Vortrag „“Als die Nazis die Kommunisten holten …“ Gegner der Nationalsozialisten aus Ebingen und Tailfingen“ von Dr. Michael Walther vom „Arbeitskreis Wüste“ und der Recherche in Veröffentlichungen u.a. von Walther.
Als Anfang 1933 die Macht an die Nationalsozialisten und ihre Verbündeten übergeben wurden, stand diese Macht auf tönernen Füßen. Durch Terror-Maßnahmen gegen ihre politischen Gegner*innen versuchten die Nazis sie zu festigen. Das geschah auch im heutigen Zollernalbkreis. Hier traf es neben vereinzelten Bürgerlichen vor allem die Arbeiter-Bewegung, also die Gewerkschaften und die beiden Parteien KPD und SPD. Am härtesten wurde die KPD angegangen.
In der Nacht vom 10. auf den 11. März 1933 kam es zu massenhaften Verhaftungen. In dieser ersten Repressions-Kampagne wurden in Baden und Württemberg insgesamt 1.700 Personen verhaftet und kamen in sogenannte ‚Schutzhaft‘. Zuerst in lokale Gefängnisse und später teilweise in das frühe KZ Heuberg.
Allein aus dem Oberamtsgut Balingen kamen damals 200 Personen in ‚Schutzhaft‘, davon stammten laut Dr. Michael Walther 50% aus Ebingen und Tailfingen. Das lag an der starken Industrie-Arbeiterschaft in diesen Orten, die bis 1933 vor allem der KPD und SPD nahe standen.
In der Nacht vom 10. auf den 11. März 1933 wurden in Tailfingen 30 KPD-Mitglieder verhaftet.
Um das frühe Wüten der noch jungen Diktatur besser erfassen zu können, macht es Sinn einzelne Verfolgte zu porträtieren.
Von Repression und Verfolgung im frühen NS-Staat waren in Albstadt zum Beispiel folgende Personen betroffen:
* Karl Gonser (1892-1983)
Gonser war vom März 1933 bis zum November 1934 inhaftiert, u.a. im KZ Heuberg.
Vom August bis September 1944 wurde Gonser im Amtsgerichtsgefängnis Balingen erneut inhaftiert und im Oktober 1944 um Gestapo-Gefängnis in Oberndorf am Neckar.
* Karl Lang (1902, Ebingen – 1957, Balingen)
Karl Lang war von Beruf gelernter Schriftsetzer. Der aus Öhringen stammende Lang zog 1926 nach Albstadt. Hier arbeitete er bei einer Zeitung und wurde vermutlich 1930 arbeitslos.
Im Jahr 1928 trat er in die KPD ein. Von Herbst 1931 bis Sommer 1932 war Lang Literatur-Obmann der Ebinger KPD-Ortsgruppe. Ab Mitte 1932 leitete er den Presseausschuss des KPD-Wochenblatts „Rote Bombe“ für die Orte Ebingen und Tailfingen.
Er wurde am 11. März 1933 verhaftet. Anlass war sein Aufruf zum Generalstreik vom 2. Februar gegen die Regierung Hitler. Zuerst kam er in das Landesgefängnis Rottenburg. Die vom Wohnort entfernt gelegene Haftanstalt hatte seinen Grund auch in Ängsten vor Unruhen in der örtlichen Arbeiterschaft.
Vom März bis Juli 1933 war er im KZ Heuberg inhaftiert und im Anschluss noch einmal vom Oktober bis November 1933 im Landesgefängnis Rottenburg.
Kurz vor Kriegsende wurde er noch in die Wehrmacht eingezogen.
Lang starb 1957 in Balingen.
* Fridolin Reiber (1887, Straßberg – 1976, Ebingen)
Reiber war Textilwirker von Beruf und engagiert im Textilarbeiterverband. Für die KPD saß er im Gemeinderat von Ebingen. Im März 1933 wurde er verhaftet und kam zuerst in ein Gefängnis in Spaichingen und später ins KZ Heuberg. Er blieb bis August 1933 in Haft.
Nach Kriegsende war er von Oktober 1946 bis Dezember 1948 Bürgermeister von Ebingen und von 1948 bis 1953 Gemeinderat. Er wirkte außerdem als Gewerkschaftsfunktionär.
* Hans Schaudt (1887-1974)
Schaudt war von Beruf Mechaniker und war 1919 bis 1933 SPD-Gemeinderat in Ebingen. Zusätzlich war er auch in der Selbstschutz-Organisation „Reichsbanner“ aktiv.
Im März 1933 wurde er verhaftet und kam zuerst ins Oberamtsgefängnis Balingen, dann von März bis August 1933 in das KZ Heuberg. Im Juli 1944 wurde Schaudt erneut verhaftet.
Nach Kriegsende engagierte er sich in der Ebinger Metall-Gewerkschaft und der SPD.